Menü
27.09.18 –
Bei ihrem Besuch des „Förderzentrums Schonungen“ der Lebenshilfe Schweinfurt informierten sich die unterfränkischen Spitzenkandidaten für Land- und Bezirkstag, Patrick Friedl und Irina Hönig sowie die örtlichen Direktkandidaten Paul Knoblach (Landtag) und Dr. Edwin Gehring (Bezirkstag) über die Lern- und Lebenssituation schwerbehinderter Kinder und Jugendlicher in der Region Schweinfurt.
Schulleiter Thomas Kötzel berichtete, dass seine etwa 120 Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen 3 und 19 Jahren sehr bunt durchmischt seien und nicht nur unterschiedlichste Einschränkungen und Behinderungen, sondern auch unterschiedlichste Fähigkeiten und Begabungen mitbrächten. Um dieser Vielfalt gerecht zu werden, arbeitet seine Schule mit mehreren Lehrplänen gleichzeitig und erstellt zusätzlich für jeden Schüler / jede Schülerin einen individuellen Förderplan, in dem ganz persönliche Ziele auch jenseits des klassischen Schulstoffes festgelegt werden. So nehmen bei sehr schwer betroffenen Kindern alltägliche Dinge, wie etwa die Fähigkeit mit möglichst geringer Unterstützung Essen oder zur Toilette gehen zu können, einen ebenso großen Stellenwert ein wie Lesen, Schreiben und Rechnen.
Einige Kinder, die relativ wenig eingeschränkt sind, können auch die „normale“ Grund- oder Mittelschule in Schonungen besuchen und werden dabei von der Lebenshilfe nur begleitet. Im Gegenzug bietet die Lebenshilfe eine inklusive Mittagsbetreuung für nichtbehinderte Schüler der Schonunger Grundschule an, die sehr gut angenommen wird.
Diese Vielfalt an Aufgaben führt dazu, dass das Förderzentrum sowohl pädagogisches als auch therapeutisches und pflegerisches Personal mit unterschiedlichsten Qualifikationen beschäftigt. Kötzel berichtete, dass der Personalschlüssel zwar knapp bemessen sei, aber dank der hohen Motivation und Flexibilität der Mitarbeitenden eine gute Versorgung der Schüler auch bei krankheitsbedingten Ausfällen und ähnlichen Engpasssituationen gewährleistet ist.
Lebenshilfe Vorstand Dr. Horst Golüke fand ebenfalls viele lobende Worte für das gesamte Personal der Lebenshilfe und gab zu bedenken, dass ohne das große Engagement und die hohe Flexibilität der Lebenshilfe-Mitarbeiter viele Leistungen nicht zu verwirklichen wären. „Von solchen Mitarbeitern können Unternehmen in anderen Branchen nur träumen“, so Golüke.
Bezirkstags-Direktkandidat Dr. Edwin Gehring, selbst Vater eines 33jährigen schwer geistig behinderten Sohnes, interessierte sich vor allem für die Angebote, die den jungen Leuten nach Beendigung ihrer Schulzeit gemacht würden. Lebenshilfe-Geschäftsführer Martin Groove bestätigte, dass die Vielfalt der Angebote mit dem Ende der Schulzeit abnehme. Besonders herausfordernd sei es schwerstbehinderten Betroffenen, die nicht in eine Werkstatt gehen könnten (im Amtsdeutsch der Behörden: „nicht das Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeit leisten können“), eine sinnvolle Tagesstruktur mit passgenauer, individueller Förderung anzubieten.
Bezirkstagskandidat Dr. Gehring gab zu bedenken, dass die Leistungen des Bezirks Unterfranken im Vergleich zu den südbayerischen Bezirken oder auch anderen Bundesländern hierfür äußerst knapp bemessen sein, weswegen das Angebot an Förderstätten und Wohnpflegeheimen für diese Klientel in der Region Schweinfurt sehr dünn sei.
Auch beim Rundgang durch die Schule wurde immer wieder deutlich, dass die Schule sehr darum kämpft, biographische Übergänge im Leben ihrer Schüler möglichst gut zu gestalten. So streite man etwa dafür, in die Kindertagesstätte „Kleine Strolche“ auch unter Dreijährige aufnehmen zu dürfen. In der Berufsschulstufe hingegen, deren eine Klasse den bezeichnenden Namen „Gipfelstürmer“ trägt, werden die Jugendlichen für eine berufliche Beschäftigung in oder außerhalb der Werkstatt fit gemacht, bzw. bei sehr schwerer Behinderung auf eine Tagesstruktur in der Förderstätte vorbereitet; hier kann es zum Beispiel ein Ziel sein, den schwerstpflegebedürftigen Jugendlichen die Angst vor dem monströs wirkenden Badlifter zunehmen, der für die pflegerische Versorgung vieler Jugendlicher nötig ist.
Die grüne Delegation zeigte sich sehr beeindruckt von den zahlreichen Angeboten der Schonunger Schule. Die Kandidaten versprachen im Falle ihrer Wahl, die Interessen schwer- und schwerstbehinderter Menschen mehr in den Fokus der Politik zu rücken. Allerdings gaben die Kandidaten auch zu bedenken, dass viele Anliegen der Lebenshilfe aufgrund ihrer hohen Differenziertheit und Komplexität nur im überfraktionellen Kontext befriedigt werden könnten.
Der Lebenshilfe wünschte die grüne Delegation deshalb auch weiterhin einen langen Atem und alles erdenklich Gute für die Zukunft!
Bericht: Stefan Memmel