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"Energiewende" war das Thema des "Talk auf dem Hof" am 27. Juli 2013 in Gerolzhofen. Hauptredner des Abends war der Grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell. Dass er als "Vater des EEG" (Erneuerbare-Energien-Gesetz) gilt, wussten die meisten der Gäste schon, neu war für die meisten aber, wie Hans-Josef Fell es geschafft hatte, dieses Gesetz durchzubringen.
Thomas Vizl, geo-net-Stadtrat in Gerolzhofen, befragte den Bundestagsabgeordneten dazu in entspannter Atmosphäre und erhielt durchaus überraschende Einblicke in die Tätigkeit eines einfachen Abgeordneten: "Das erneuerbare Energien-Gesetz, das Herrmann Scheer und ich voranbringen wollten, haben wir in aller Stille entwickelt, ohne es vorher zerreden zu lassen. Erst als der Entwurf gesetzesreif war, haben wir es eingebracht, und dann haben auch die rot-grünen Regierungsfraktionen überzeugen können."
Disziplin und Hartnäckigkeit hatte Hans-Josef Fell schon vorher als Kreistagsmitglied in Bad Kissingen unter Beweis gestellt: "Ich habe immer wieder gesagt: Wir dürfen nicht zulassen, dass die Saaletalbahn eingestellt wird, und wir haben es dann auch gemeinsam geschafft, unsere Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr zu behalten, in einer Zeit, in der viele Regionalstrecken stillgelegt wurden."
Neben Hans-Josef Fell stellten sich lokale KandidatInnen vor. Zunächst Rafiq Iqbal, der im Stimmkreis Kitzingen, der neben dem gleichnamigen Landkreis auch die Stadt Gerolzhofen und einige Gemeinden im südlichen Landkreis Schweinfurt umfasst, stellte sich knapp vor, bevor er zur Eröffnung des Weinfestes in seiner Heimat Marktbreit aufbrach.
Kerstin Celina, Spitzenkandidatin der unterfränkischen Grünen für den Landtag, ist passionierte Fahrradfahrerin und kam über das Thema "2FrankenRadweg" in Kontakt mit geo-net. Die Volkswirtin, die in Kürnach lebt, sagte: "Wenn wir jetzt die Energiewende nicht schaffen, dann kommt uns die Energieversorgung und die damit verbundenen Probleme noch viel teurer zu stehen!"
Ayfer Fuchs, Landtagskandidatin für die Stadt und den größten Teil des Landkreises Schweinfurt, ist als Integrationsbeirätin der Stadt Schweinfurt mit dem Thema Migration und Flucht bestens vertraut - ein Thema, das unmittelbar mit der Energiewende zu tun hat, denn immer mehr fliehen Menschen auch vor den fatalen Folgen des Klimawandels.
Gudrun Lux, Bundestagskandidatin für Schonungen, erzählte anschaulich, wie sie mit dem Blick auf Grafenrheinfeld aufgewuchs, und wie das Thema Atomenergie für sie schon in Kindheit und Jugend immer präsent war. Schon früh engagierte sie sich gegen das AKW. Ein besonderes Augenmerk legte sie in ihrem Beitrag auf die Notwendigkeit einer umfassenden Energiewende: "Wir denken dabei oft nur an Strom, aber wir müssen andere Bereiche mitdenken, zum Beispiel Wärme. Wir brauchen dringend starke steuerliche Anreize, Gebäude energetisch zu sanieren und gesetzliche Vorschriften für entsprechende Neubauten", forderte sie.
Hans Plate, Direktkandidat für Bundestag im Wahlkreis Schweinfurt-Kitzingen, der für landwirtschaftliche Themen und Bioenergie steht, ließ sich entschuldigen, weil er – passend zu seinem politischen Schwerpunkt – die Ernte einfahren musste.
Zum Thema Energiewende glänzten alle Kandidaten und Kandidatinnen mit detailliertem Wissen. Zu spüren waren auch das gute Miteinander und die Erfahrung in der gemeinsamen politischen Arbeit.
Die Notwendigkeit, auf 100% Erneuerbare Energien umzustellen, belegten sie mit anschaulichen Beispielen: so sei kürzlich erstmals in Mauna Loa auf Hawaii eine Kohlenstoffdioxid-Konzentration von über 400 parts per million (ppm) gemessen worden. Das letzte Mal war die Kohlenstoffdioxid-Konzentration vor drei Millionen Jahren so hoch, bei einem 40 Meter höherem Meeresspiegel und entsprechenden klimatischen Bedingungen auf der Erde.
50.000 Arbeitsplätze sind in der Solarenergie bereits verloren gegangen aufgrund der verfehlten Politik der Regierungskoalition, ähnliches sei für die Windenergiebranche zu befürchten. Beide erneuerbare Energien spielen in der Region eine besondere Rolle: die Solarenergie im Handwerk und bei mittelständischen Firmen, die Windenergie für die Schweinfurter Wälzlagerindustrie bei SKF und Schaeffler.
Vor Ort sei der Wunsch der Bürger, Energiewende umzusetzen, überall zu spüren, auch die Bürgermeister zögen mit, egal welcher politischen Couleur, "weil sie rechnen können". Den Windenergiegegnern müsse man den Wind aus den Segeln nehmen und klar die Alternativen aufzeigen, forderten die Grünen deshalb.
Lösungen für die Energiewende sahen sie auch in neuen Konzepten, etwa der hydrothermalen Carbonisierung, einem relativ neuen, aber bereits in Mecklenburg-Vorpommern umgesetzten Verfahren zur Herstellung von speicherbarer Biokohle aus pflanzlichen Materialien.
Als Dank für ihr Kommen überreichten Kreisrätin Birgid Röder und Toni Niedermeier den Gästen und Musikern (Christa Büttner und Charly Leibl) eine Flasche Johanniter-Wein, einer relativ neuen Rebsorte, die, wie der Bio-Winzer Winfried Ernst voraussagt, in zehn Jahren jeder kennen wird. Eine Pionierrebsorte passe gut zu uns Grünen, sagte Kerstin Celina zum Abschluss.